30. Mai 2025
Google und Co. sollen zahlen: Steuervorstoß: Bundesregierung plant Plattformabgabe für Internet-Giganten
Heikler Plan der Merz-Regierung: Digitale Plattformen wie Google sollen besteuert werden. Im stern spricht Kulturstaatsminister Weimer über die Details – und geht die Konzerne an.

Heikler Plan der Merz-Regierung: Digitale Plattformen wie Google sollen besteuert werden. Im stern spricht Kulturstaatsminister Weimer über die Details – und geht die Konzerne an.

Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, eine Abgabe für große Online-Plattformen zu prüfen. Wer’s glaubt, wird selig. Oder?
Nein, wir meinen das ernst. Die großen amerikanischen Digital-Plattformen wie Alphabet/ Google, Meta und Co. stehen auf meiner Agenda. Wir haben dort eine komplexe Problemlage. Zum einen haben sich monopolähnliche Strukturen herausgebildet, die nicht nur den Wettbewerb einschränken, sondern auch Medienmacht zu stark konzentrieren. Die Medienvielfalt wird dadurch gefährdet. Zum anderen machen die Konzerne in Deutschland Milliardengeschäfte mit sehr hohen Margen und profitierten enorm von der medialen und kulturellen Leistung sowie der Infrastruktur unseres Landes – sie zahlen aber kaum Steuern, investieren zu wenig und geben der Gesellschaft viel zu wenig zurück. Kurzum: Deutschland sollte einen Plattform-Soli einführen. 

Die Argumente gibt es seit Jahren, passiert ist nichts – auch wegen der unklaren Rechtsgrundlage für eine solche Abgabe.
Es muss sich jetzt etwas ändern. Deutschland macht sich inzwischen in bedenklicher Weise abhängig von der technologischen Infrastruktur der Amerikaner. Ich habe darum eine Initiative gestartet, diese Problemlage politisch zu adressieren. Wir haben ein Konzept erarbeitet, das Google und Co. einlädt, sich fortan stärker einzubringen und Teilhabe zu leisten. Es herrscht über die Parteigrenzen große Einigkeit, dass die Politik hier endlich handeln sollte.

Heißt „handeln“, dass nun endlich eine direkte Besteuerung erfolgen wird? Bislang entziehen sich die Plattformen der Besteuerung ja, indem sie einfach ihre Gewinne verlagern.
Ja, die großen Plattformen betreiben geschickte Steuervermeidung. Das ist unsolidarisch und führt seit Jahren zu schweren Konflikten mit den nationalen und europäischen Behörden. Der Auftrag zur Einführung einer Abgabe für Plattformen, die Medieninhalt nutzen, ist im Koalitionsvertrag sehr deutlich. Da dieser Abschnitt für meinen Zuständigkeitsbereich formuliert ist, kümmere ich mich darum. Unter Medieninhalten verstehen wir nicht nur die journalistischen Produkte, sondern auch die kulturellen. 

Google-Soli: Vorbild ist eine Abgabe in Österreich

Eine solche Abgabe – mitten im Zollstreit – könnte heftigen Streit hervorrufen. Wie soll sie denn ausgestaltet werden?
Es gibt unterschiedliche Ansätze. Zunächst habe ich die Google-Führung sowie wichtige Branchenvertreter eingeladen zu Gesprächen ins Kanzleramt, um die Alternativen, möglicherweise auch freiwillige Selbstverpflichtungen, zu prüfen. Zugleich bereiten wir konkret eine Gesetzesvorlage vor. Diese könnte sich am österreichischen Modell orientieren. Österreich hat seit 2020 für sehr große Plattformbetreiber eine einfache und effektive Besteuerung von Onlinewerbeleistungen in Höhe von fünf Prozent eingeführt. Die österreichischen Erfahrungen mit einem Plattform-Soli sind aus meiner Sicht überzeugend.

Nehmen wir zum Beispiel Google-Ads: Wie hoch soll denn da der Steuersatz werden?
Es geht nicht nur um Google-Ads. Es geht generell um Plattform-Betreiber mit Milliardenumsätzen. Wir halten einen Abgabesatz von zehn Prozent für moderat und legitim. Die Erfahrungen aus Österreich zeigen, dass diese Form der Abgabe keine relevante Preisveränderung für Endkunden mit sich gebracht hat. Es hat aber dazu geführt, dass die Konzerne endlich einen kleinen Steuerbeitrag für die Gesellschaft leisten, also ihre gewaltige Marge etwas sinkt. Zugleich öffnet das den Wettbewerb.

Wollte diese Regierung nicht eigentlich die Steuern senken?
Ich orientiere mich hier an Ludwig Erhard. Die soziale Marktwirtschaft setzt vor allem auf Wettbewerb. Dieser ist aber in diesen Schlüsselfeldern der digitalen Medienwirtschaft durch monopolähnliche Strukturen stark eingeschränkt. Das birgt nicht nur wirtschaftliche Risiken, sondern auch politische und kulturelle für die Freiheit des Diskurses. Wenn Google den Golf von Mexiko auf Druck von Donald Trump eigenmächtig in Golf von Amerika umbenennt und aufgrund seiner enormen Deutungsmacht in der globalen Kommunikation das einfach dekretiert, dann erkennen wir, welche Probleme in den derzeitigen Strukturen lauern. 

Wir sollten Google und Co. endlich fordern

Sie glauben ernsthaft, Ludwig Erhard hätte ähnlich gehandelt?
Ludwig Erhard hat bei Kartellen und Monopolen sehr kämpferisch empfohlen, politisch dagegen zu handeln. Er war der Vater des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Sein Credo lautet: Wo wirtschaftliche Macht im Wettbewerb missbraucht wird, sollten Marktwirtschaftler genauso kämpferisch einschreiten wie gegen Übergriffigkeiten des Staates. Die Wirtschaft perspektivisch entlasten, entbürokratisieren und den Wettbewerb stärken – auch im aktiven Kampf gegen Kartelle und Monopole.

Kampf gegen Kartelle und Monopole: Das klingt ja fast links.
Ich halte diese Kategorien in vielen politischen Fragen für überholt. Die neue Bundesregierung betreibt eine offensive Politik der Mitte. In Kultur- und Medienfragen trete ich für das Primat der Freiheit ein. Und die gilt es im Sinne einer möglichst großen Medienvielfalt auch gegenüber zu mächtigen Digitalkonzernen zu verteidigen.

Wie genau geht es nun weiter?
Wir arbeiten eine Gesetzesvorlage aus, wie der Koalitionsvertrag das fordert. Dies wird nun mit den Stakeholdern besprochen, vor allem aber im Parlament geprüft. Zugleich suche ich das Gespräch mit den Plattformbetreibern auf Spitzenebene, um Alternativlösungen zu sondieren. Mein Eindruck nach meinen Vorgesprächen in der Koalition ist, dass es hier zwischen der Union und den Sozialdemokraten, aber auch mit den Grünen, eine große Einigkeit in der Einschätzung geben könnte. Wir sollten Google und Co. endlich fordern.