14. Juni 2025
Überträger von Viren: Mit Tabletten leichter gegen Tigermücken vorgehen
Tigermücken breiten sich mit dem zunehmend wärmeren Wetter hierzulande drastisch aus. Nur soll es ihnen mit Tabletten an den Kragen - äh Darm - gehen. Und zwar ohne größere Beratung beim Kauf.

Tigermücken breiten sich mit dem zunehmend wärmeren Wetter hierzulande drastisch aus. Nur soll es ihnen mit Tabletten an den Kragen – äh Darm – gehen. Und zwar ohne größere Beratung beim Kauf.

Baden-Württemberg setzt sich für eine einfachere Abgabe von sogenannten Bti-Tabletten ein, um das unkontrollierte Ausbreiten der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) zu dämmen. Beim Treffen der Gesundheitsminister im thüringischen Weimar wurde dieser Vorschlag aus dem Südwesten einstimmig beschlossen. Die Abgabe ist derzeit nur durch sachkundige Personen möglich, was das Verfahren deutlich erschwert. Der Bund ist nun am Zug, die Änderung ins Bundesrecht vorzunehmen. Kommunen in Baden-Württemberg kämpfen seit Jahren gegen das aus Asien stammende Tier. 

Was macht die Tigermücke so gefährlich?

Die Tigermücke ist klein, aber oho: Mit einer Größe zwischen zwei und zehn Millimeter und einer auffälligen Schwarz-Weiß-Musterung ist sie als Überträger von Krankheitserregern wie beispielsweise dem Chikungunya-Virus und dem Dengue-Virus bedeutsam. 

Eine hiesige Asiatische Tigermücke kann allerdings nur tropische Viren übertragen, wenn diese einen infizierten Reiserückkehrer sticht und über das Blut die Viren aufnimmt, wie das Gesundheitsministerium aufklärt. Bei hohen Temperaturen können sich die Viren dann in der Mücke vermehren und mit einem weiteren Stich auf andere Menschen übertragen werden. „Je weniger Tigermücken es gibt, umso geringer ist das Risiko für lokale Übertragungen von tropischen Infektionskrankheiten ausgehend von infizierten Reiserückkehrern“, sagte eine Behördensprecherin.

Die ersten Populationen der Asiatischen Tigermücke wurden 2015 in Freiburg im Breisgau und Heidelberg nachgewiesen. Seitdem hat sich die Stechmücke immer weiter in den wärmeren Regionen Baden-Württembergs ausgebreitet, vor allem entlang des Oberrheins, der Rhein-Neckar-Region und des mittleren Neckars. In den vergangenen Jahren wurden aber auch Populationen am Bodensee nachgewiesen. Manche Kommunen wie etwa Kehl, haben die Hoffnung aufgegeben, die ausgeuferte Tigermücken-Population komplett loszuwerden. 

Gab es bereits Krankheitsausbrüche durch Tigermücken in Deutschland?

Nein. Mit Stand 11. Juni wurden noch keine lokal durch die Tigermücke übertragene Infektionen, wie Dengue oder Chikungunya, in Deutschland erfasst. Lokal übertragene Infektionen in der EU wurden bisher in Frankreich, Spanien, Italien, Kroatien berichtet. „Lokal erworben bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Personen sich innerhalb dieser EU-Länder infiziert haben“, sagte die Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Wie wirken Bti-Tabletten?

Bti-Tabletten beinhalten Proteinkristalle, die durch das natürlich vorkommende Bakterium Bacillus thuringiensis israelensis gewonnen werden. Diese Proteinkristalle wirken bereits in geringer Dosierung toxisch auf Larven der Stechmücken und Kriebelmücken. Die Tabletten wirken sehr spezifisch und nur toxisch auf den Darm der Larven. Dort zerfallen die Proteinkristalle in Toxine. Dies führt schließlich zur Zerstörung des Darmgewebes, was zum Sterben der Larven führt. Für Menschen, Haustiere, Vögel oder andere Tiere sind Bti-Tabletten nach Angaben des Gesundheitsministeriums nicht gesundheitsgefährdend. 

Bislang schon konnten laut dem Ministerium Bti-Tabletten erworben und beispielsweise von Rathäusern abgegeben werden. Nach den neuen Vorgaben der EU, die seit Anfang 2025 gelten, dürften diese nur noch nach einem persönlichen Beratungsgespräch durch sachkundiges Personal abgegeben werden. Diese spezielle Sachkunde haben aber nur sehr wenige Personen, wodurch der Kauf und die Abgabe der Bti-Tabletten erschwert wird. Diese Vorgaben sollen mit dem Vorstoß Baden-Württembergs geändert werden. 

Wo und wie wendet man Bti-Tabletten an?

Zur Bekämpfung der Asiatischen Tigermücke können Bti-Tabletten dann angewendet werden, wenn andere Maßnahmen, wie Entsorgung, Sanierung oder Abdichten nicht funktionieren. Wenn etwa eine Regentonne nicht richtig verschlossen werden kann, kann das Wasser mit Bti-Tabletten alle 14 Tage entsprechend der Anweisung behandelt werden. Ähnliches gilt für Zisternen, Gullys oder Abläufe, in denen Wasser längere Zeit steht. Bti-Tabletten sind biologisch abbaubar und sollten daher etwa alle 14 Tage neu angewendet werden.

Wie unterscheidet sich die Tigermücke von heimischen Mückenarten?

Die Asiatische Tigermücke ist im Vergleich zu den heimischen Stechmücken tagaktiv und sehr stichfreudig. Sie ist sehr klein, auffällig schwarz-weiß gemustert und hat charakteristische fünf weiße Streifen an den Hinterbeinen. Das letzte Beinglied ist weiß, so wie ein weißer Streifen auf dem Kopf und Rücken.

Im Gegensatz zu vielen heimischen Stechmückenarten bevorzugt die Asiatische Tigermücke kleine Wasseransammlungen als Brutstätte. Normalerweise dienen schattige Baumhöhlen mit Wasseransammlungen in Bodennähe als Brutstätten. Allerdings ist die Tigermücke sehr anpassungsfähig, und so benützt sie als Brutstätten auch gerne Wasserreste in Blumenvasen, Eimern, Regentonnen oder Pfützen auf Abdeckplanen oder in Altreifen.

Was sagt der Nabu?

Der Naturschutzbund pocht auf die Beibehaltung der Beratungsgespräche. „Schon um das Bti nicht unsachgemäß zu verschleudern beziehungsweise nicht fälschlich einzusetzen“, sagte eine Sprecherin.

Grundsätzlich sollten Stechmücken nicht systematisch ausgerottet werden. „Sie spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem und sind von großer Bedeutung für Fische, Amphibien, Fledermäuse oder Vögel.“ Die Zulassung von Bti basiere auf einer Risikoabwägung, nicht auf Unbedenklichkeit. Der Einsatz der Tabletten sei in Europa stark reguliert und durch die EU-Biozidverordnung geregelt. „Seit 2025 gilt das sogenannte Selbstbedienungsverbot, Voraussetzung für den Verkauf beziehungsweise die Abgabe sind Sachkunde und fachliche Beratung“, sagte die Nabu-Sprecherin.