
Seit Wochen greift die Trump-Regierung durch: Mit Massenabschiebungen sollen mutmaßlich illegale Einwanderer außer Landes gebracht werden. Eine App soll das nun verhindern.
Über Wochen waren Teile der USA Schauplatz gewalttätiger Auseinandersetzungen. Insbesondere in Los Angeles demonstrierten Zehntausende gegen die Trump-Regierung und die Abschiebebehörde ICE, die reihenweise mutmaßlich illegale Einwanderer festnahm und inhaftierte. Protestler in L.A. lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. US-Präsident Donald Trump entsandte gar die Nationalgarde, um gegen die Ausschreitungen vorzugehen.
Bereits vor einigen Tagen hat sich die Lage in der Millionenstadt beruhigt. Die nächtliche Ausgangssperre wurde aufgehoben. Doch der Protest ist keineswegs verflogen. Noch immer wehren sich zahlreiche Menschen gegen die Willkürjustiz, wie sie sie nennen. Ihr Protest ist aber offenbar gewandert – von der Straße ins Private.
App soll Betroffene vor Festnahmen und Abschiebungen warnen
Dabei spielt eine App eine besondere Rolle: Wie amerikanische Medien berichten, organisieren die Gegner der Abschiebe-Maßnahmen sich in der App „ICEBlock“. Die Idee dahinter: In Echtzeit können die Nutzer Standorte von Abschiebe-Patrouillen vermerken, um Betroffene zu warnen, damit diese flüchten und ihrer möglichen Verhaftung entgehen können. Zudem sei es möglich, Details zu beschreiben, wie die Fahrzeuge der Beamten oder ihre Kleidung. Nutzer in einem Umkreis von fünf Meilen erhielten dann eine Push-Mitteilung auf ihr Handy mit allen Informationen.
Wie „CNN“ berichtet, nutzen bereits mehr als 20.000 User die App – insbesondere in Los Angeles. Ihr Entwickler Joshua Aaron erklärte dem Sender: „Als ich sah, was in diesem Land passiert, wollte ich etwas tun, um zurückzuschlagen.“ Die Abschiebebemühungen erinnerten ihn an Nazi-Deutschland. „Wir sehen buchstäblich zu, wie sich Geschichte wiederholt.“
Er hoffe, dass diese Benachrichtigungen den Menschen helfe, Interaktionen mit dem ICE zu vermeiden, sagte Aaron und wies darauf hin, dass er nicht wolle, dass die Nutzer die Arbeit der Behörde behinderten. Doch genau das wirft unter anderem das Heimatschutzministerium ihm und seiner App vor.
Scharfe Kritik vom Heimatschutzministerium
Kristi Noem, Ministerin für innere Sicherheit, kritisierte die App als „Behinderung der Justiz“. In einem Post auf der Plattform X schrieb sie: „Unsere tapferen ICE-Strafverfolgungsbehörden sehen sich mit einem 500-prozentigen Anstieg der Angriffe gegen sie konfrontiert. Wenn Sie unsere Strafverfolgungsbehörden behindern oder angreifen, werden wir Sie jagen und Sie werden im vollen Umfang des Gesetzes verfolgt.“
Scharfe Kritik erntete die App auch vom ICE-Direktor Todd Lyons. Er erklärte, die Anwendung male „im Grunde genommen eine Zielscheibe auf den Rücken von Bundesvollzugsbeamten“.
Die Trump-Administration scheint mit dieser Art des Guerilla-Protests überfordert. Auch weil Aaron bei der Programmierung der App offenbar besonderen Wert auf den Datenschutz gelegt hat. Bislang ist sie den Berichten zufolge nur auf iPhones nutzbar, weil Smartphones mit einer Android-Software zu viele Daten sammeln müssten, um das gleiche Ergebnis zu liefern. Dies aber könne die Nutzer gefährden.
„Wir wollen von niemandem die Geräte-ID, die IP-Adresse oder den Standort“, sagte Aaron. „Wir wollen nicht, dass irgendetwas auffindbar ist. Das Ganze ist also zu 100 Prozent anonym und für jeden, der es nutzen möchte, kostenlos.“
Datenschutz scheint Trump-Regierung zu stören
In den vergangenen Wochen war bekannt geworden, dass die Regierung ihre Bemühungen verstärkt, Verdächtige auch über digitale Wege ausfindig zu machen. Dies ist bei „ICEBlock“ offenbar nicht möglich. Auch deshalb dürfte die App den Beamten ein Dorn im Auge sein.
Mit der Wiederwahl Trumps hatten sich große Tech-Oligarchen des Silicon Valley wie Mark Zuckerberg oder Jeff Bezos seiner Linie unterworfen – wohl aus Angst vor möglichen finanziellen Einbußen. Aaron allerdings denke gar nicht daran, seine App zu Geld zu machen, heißt es. Er sehe sie als Dienst an der Gesellschaft.
Auf die Frage, wie er seine Haltung gegenüber Menschen wie Zuckerberg oder Bezos rechtfertigen würde, sagte Aaron: „Ich denke, ich würde sagen, man sollte Rückgrat zeigen. Es kann nicht nur um das Geld gehen.“ Er verstehe, dass diese Unternehmer ihren Aktionären Rechenschaft ablegen müssten und sie Angestellte hätten, die ihre Gehaltsschecks bräuchten. Dennoch würde er die Frage stellen: „An welchem Punkt sagen Sie: ‚Genug ist genug?'“