3. Juli 2025
Regenbogenflagge am Bundestag: Heftige Kritik an Merz' "Zirkuszelt"-Äußerung
An der Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Zusammenhang mit der Regenbogenflagge, der Bundestag sei "kein Zirkuszelt", hagelt es heftige Kritik aus der Politik und von Verbänden. Die Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch (SPD), der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) und die Oppositionsparteien verteidigten am Mittwoch die Rechte queerer Menschen. Ein Sprecher des Kanzlers betonte daraufhin, Merz unterstütze die Ziele des Christopher Street Days (CSD).

An der Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Zusammenhang mit der Regenbogenflagge, der Bundestag sei „kein Zirkuszelt“, hagelt es heftige Kritik aus der Politik und von Verbänden. Die Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch (SPD), der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) und die Oppositionsparteien verteidigten am Mittwoch die Rechte queerer Menschen. Ein Sprecher des Kanzlers betonte daraufhin, Merz unterstütze die Ziele des Christopher Street Days (CSD).

Merz hatte sich am Dienstag in der ARD-Sendung „Maischberger“ hinter die Entscheidung seiner Parteikollegin und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) gestellt, in diesem Jahr beim CSD nicht die Regenbogenfahne auf dem Bundestag zu hissen. Der Bundestag sei „ja nun kein Zirkuszelt“, auf dem beliebig die Fahnen gehisst werden könnten, sagte er. „Diese Entscheidung ist richtig.“

Das brachte ihm scharfe Widerworte ein. Queere Menschen seien ein „fester Bestandteil unserer Gesellschaft“ und die Regenbogenfahne auf dem Bundestag wäre „ein kraftvolles Bekenntnis des Staates“ zu deren Schutz gewesen, sagte die Queer-Beauftragte Koch dem Nachrichtenportal ZDFheute.de. „Ein Verständnis dafür wäre für einen Bundeskanzler angemessen.“

Der LSVD+ warf Merz vor, mit seiner Äußerung die queere Community zu verletzen. Dies sei eine „Entgleisung“, sagte Verbandsvorstand Andre Lehmann ZDFheute.de. „Die Regenbogenfahne ist keine Zirkusplane, sondern ein universelles Symbol für Vielfalt und Menschenrechte“, fuhr er fort. „Ich möchte den Bundeskanzler daran erinnern, dass er von einer Verfolgtengruppe des Nationalsozialismus spricht, die auch noch in der Bundesrepublik lange Zeit unterdrückt und kriminalisiert wurde.“ 

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann bescheinigte Merz ein „Talent, von Fettnapf zu Fettnapf zu gehen und dabei Menschen vor den Kopf zu stoßen“. Der Bundestag sei das Parlament der Bürgerinnen und Bürger und die Regenbogenfahne repräsentiere eine Gruppe, „die vermehrt von Anfeindungen, Gewalt und Hass betroffen ist“, schrieb sie im Internetdienst X. „Friedrich Merz könnte sich für Vielfalt, Selbstbestimmung und die Wahrung demokratischer Grundrechte einsetzen, statt diese Werte lächerlich zu machen.“

Auch Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek bezeichnete Merz‘ Worte als „völlig unangemessen“. Seit Jahren steige die Gewalt gegen queere Menschen und die Union „verweigert nun auch noch einen symbolischen Akt und zieht den Kampf um Sichtbarkeit ins Lächerliche“, sagte sie ZDFheute.de.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese sagte dazu dem Sender Welt TV, er persönlich hätte „kein Problem damit gehabt“, wenn die Flagge als „Zeichen für ein weltoffenes, tolerantes Deutschland“ beim CSD noch einmal über dem Bundestag geweht hätte. Sie war dort bereits am 17. Mai gehisst worden, zum Tag gegen Homophobie. Klöckner wollte es dann dabei belassen.

Vizeregierungssprecher Sebastian Hille sagte zu der Debatte, Merz habe in seinen Äußerungen auch „sehr klar die Bedeutung des Christopher Street Days unterstrichen“. Dieser sei eine „wichtige Veranstaltung für Vielfalt“ und die Rechte schwuler, lesbischer und queerer Menschen. „Genau diese Ziele unterstützt die Bundesregierung.“

Der CSD in Berlin findet am 26. Juli statt. Wie der Verein Berliner CSD mitteilte, sagten Bundestagsvizepräsidentin Josephine Ortleb (SPD) und Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) ihre Teilnahme an der offiziellen Eröffnung zu. Das sei ein „starkes Zeichen demokratischer Solidarität in einer Zeit wachsender Unsicherheit für queere Menschen“. Ortleb und Nouripour versteckten sich nicht hinter einem „abstrakten Neutralitätsbegriff“. Die Anliegen queerer Menschen seien zudem „nicht mit einem Zirkuszelt vergleichbar, schloss der Verein.

Kürzlich war auch bekannt geworden, dass Mitarbeitende der Bundestagsverwaltung nicht als eigene Gruppe am CSD teilnehmen dürfen. Der von Klöckner berufene neue Verwaltungsdirektor Paul Göttke begründete dies mit einer Neutralitätspflicht. Das von Karin Prien (CDU) geleitete Bundesfamilienministerium kündigte aber an, wieder einen eigenen Wagen zu schicken.