
Der Anfang war super, darin waren sich hinterher alle einig. Danach ging es steil bergab, auch da gab es keine zwei Meinungen. Ein Fußballabend, der ernüchterte.
„Es sollte bei allen kribbeln“, hatte ZDF-Expertin Kathrin Lehmann, zusammen mit Sven Voss im EM-Studio am Start, behauptet, und das tat es wohl auch. Das Viertelfinale bereits sicher in der Tasche, hieß der Gegner im letzten Gruppenspiel Schweden. Die Bilanz gegen die Skandinavierinnen mit 21 Siegen aus 31 Spielen durchaus ein Grund, optimistisch zu sein, ohnehin gilt, so Lehmann: „Bilanzen muss man immer so drehen, dass es passt.“ Klang nach Erfahrung in der freien Wirtschaft, traf aber durchaus ins Schwarze.
Weniger treffsicher war man anschließend bei den Vorhersagen in puncto Endergebnis. Mit Ex-Nationalspieler Cacau, heuer in offizieller Funktion unterwegs, gab es ein Wiedersehen. Der 44-Jährige ließ gleich zu zwei Tipps hinreißen, als Experte prognostizierte er ein 1:1-Unentschieden, als Fan einen 2:1-Sieg. Warum einfach daneben liegen, wenn es auch doppelt geht? Kathrin Lehmann verhob sich ebenfalls, sie tippte einen 3:2-Sieg für die deutsche Mannschaft mit fünf verschiedenen Torschützen. Auch das: Makulatur. Immerhin stimmte die Gesamtzahl der Tore.
Vor dem Spiel hatte Katja Streso Zutritt zu den Katakomben erhalten, die Stimmung im Spielerinnen-Tunnel changierte zwischen Anspannung und Vorfreude, ein überaus interessanter Einblick ins Allerheiligste. Laut war es gewesen, so Streso, sie hatte sich die Ohren zuhalten müssen. Wer dagegen auf den Zuschauerrängen im Zürcher Letzigrund-Stadion genau hinhörte, der ließ sich zu „Macarena“ und „Sweet Dreams“ in Stimmung bringen. „Ein tolles Stadion, ein tolles Fußballfest“, befand Fritzy Kromp, die sich den Verlauf dieser Festivität sicher anders vorgestellt hatte.
Frauen-EM 2025: „Humor tut gut“
Zwischendurch gab es noch ein Interview mit Bundestrainer Christian Wück, das wenig an neuen Erkenntnisse brachte, interessanter da schon der Einspieler vom Besuch der Schweizer Komödiantin Hazel Brugger beim Turnier. „Humor tut gut“, befand ihre Landsfrau Lehmann anschließend, das sei „Bungee-Jumping fürs Gehirn“, was auch immer sie damit meinte.
Auf dem Kommentatorinnen-Posten im Zweiten saß diesmal Claudia Neumann, der ebenfalls die Vorfreude anzumerken war. Zu Beginn meinte man fast, diesen ganz bestimmten Bela-Rethy-Swing in ihrer Stimme zu hören. Wie schon die ARD-Kollegin Stephanie Baczyk beim Spiel gegen Dänemark, machte auch Neumann an diesem Abend einen durchweg soliden Job, wobei: War beim Sieg gegen die Däninnen schon ordentlich Pfeffer im Spiel, ging es gegen die skandinavischen Nachbarinnen ungleich vogelwilder zu. „Genau das Spiel, das wir erwartet haben“, konstatierte Neumann noch in den Anfangsminuten, nicht ahnend, dass es von nun an – und zwar steil – bergab gehen würde. Gegentore, rote Karte, Elfmeter, selten hat man eine deutsche Mannschaft wohl so eklatant und schnell einbrechen sehen, frei nach dem Motto: Stark angefangen, und dann stark nachgelassen.
Hinterher überall Ernüchterung
„Ernüchterung auf dem Platz und auf den Rängen“, so lautete die Erkenntnis nach einer „wahnsinnig aufregenden Halbzeit“, ein Fazit, mit dem die Schwedinnen und ihre Fans wohl ausdrücklich nicht gemeint waren. Man hätte noch „frische Beine auf der Bank“, vermeldete Fritzy Kromp, die Wende konnten aber auch die nicht bringen: „Es springt kein Funke über“, so Lehmann, die ihr Bestes gab, diese an Hoffnung und Chancen arme zweite Hälfte über die Runden zu bringen.
Schwedens Linda Sembrant (links) tröstet Deutschlands Klara Bühl.
© Sebastian Christoph Gollnow
In den anschließenden Interviews, mit einer 1:4-Klatsche im Tank, war die Devise bei Voss und Lehmann: Analyse ist nötig, das Weiterkommen im Viertelfinale immer noch möglich, nur allzu fest nachhaken wollte man erstmal lieber doch nicht. „Der Anfang war gut“, gab sich Wück schon fast trotzig optimistisch, man liege am Boden, aber werde wieder aufstehen. Abhaken, forderte Janina Minge, Torhüterin Ann-Katrin Berger, an den Gegentoren nicht unbeteiligt, wollte nicht gleich mit negativen Dingen das Interview starten und machte letztlich klar, was an Tagen wie diesen zählt: „Hauptsache weiter“. Das kann man wohl so stehen lassen.
Zeit für die Analyse und ein wenig Abschalten ist ausreichend vorhanden: Für die deutsche Mannschaft geht es erst am 19. Juli weiter.