
Eine Großfamilie wurde im bayerischen Königsbrunn von Hunderten Polizisten überrascht – die Beamten hatten offenbar den richtigen Riecher.
Die Polizei hat am Donnerstagabend bei einer Familienfeier in Königsbrunn bei Augsburg mehrere verbotene Gegenstände sichergestellt und mehrere Menschen festgenommen. Über den Einsatz an einem Veranstaltungssaal informierte die bayerische Polizei am Freitag.
Demnach hatten die Ermittler „Hinweise auf eine bevorstehende Großveranstaltung dieser Großfamilie„. Sie war Medienberichten zufolge als Silberhochzeitsfeier deklariert. Tatsächlich ging die Polizei aber davon aus, dass „ein sogenannter Friedensrichter der Familie die bestehenden und häufig mit Straftaten ausgetragenen Konflikte lösen“ sollte – an den deutschen Behörden vorbei. Die Beamten vermuteten zudem, dass es auch zu Gewalttaten im Rahmen der Veranstaltung hätte kommen können.
Familienveranstaltung in Königsbrunn ruft Polizei auf den Plan
Gegen 17.15 Uhr schritt die Polizei mit rund 280 Einsatzkräften ein – Großrazzia. Die mehr als 300 Teilnehmenden der „Hochzeitsfeier“ wurden durchsucht, ihre Papiere überprüft, Autos kontrolliert. Und die Beamten wurden fündig. Die Bilanz des Einsatzes nach fast vier Stunden: Zwölf Personen wurden vorläufig festgenommen, unter anderem wegen des Verdachts des Menschenhandels und der Vergewaltigung. Sie waren am Freitag wieder auf freiem Fuß. Zudem stellten die Fahnder fest, dass gegen drei Personen Haftbefehle bestanden, „die vor Ort durch eine Geldzahlung abgewendet werden konnten“, so die Polizei. Außerdem wurden fünf Waffen wie Messer, Totschläger und Reizgassprühgeräte sichergestellt. Weitere Verstöße betrafen unter anderem eine fehlende Kfz-Versicherung und das Betäubungsmittelgesetz. Der Einsatz verlief den Angaben zufolge friedlich, Widerstand habe es keinen gegeben.
Ein Ermittler wies nach der Razzia im Bayerischen Rundfunk darauf hin, dass die Bandbreite der vom „Friedensrichter“ angewandten Strafen „von Todesdrohungen, Körperverletzungen, Vergewaltigungen bis hin zu hohen Geldstrafen“ reiche. Das sei eine Art von „Parallelgesellschaft“, in der das hiesige Rechtssystem nicht anerkannt werde. Ein Ziel des Einsatzes sei es gewesen, solche Parallelgesellschaften zu verhindern, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf die Ermittler.
Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben schon seit längerem gegen Angehörige der aus Südosteuropa stammenden Familie, unter anderem wegen Körperverletzungen, Erpressungen, Betrugsdelikten. „Viele dieser Straftaten wurden im Zusammenhang mit innerfamiliären Konflikten innerhalb des Familienverbandes begangen.“ Unter anderem sollen im vergangenen November mehrere Bewaffnete versucht haben, einer „unerfüllten Forderung“ gegenüber einer anderen Familienlinie „Nachdruck verliehen“ und ein Wohngrundstück überfallen haben.
Quellen: Polizeipräsidium München (1), Polizeipräsidium München (2), Polizeipräsidium Schwaben Nord, „Süddeutsche Zeitung“, Bayerischer Rundfunk, „Augsburger Allgemeine“