19. Juli 2025
Neues Album "<3 my people": Shindy ist die männliche Shirin David
Rapper Shindy trifft mit seinem neuen Album den Nerv der inflationsgeplagten Gegenwart: die Sehnsucht nach einem besseren Leben. Es klingt nach Trüffelpasta in "Prada"-Slides.

Rapper Shindy trifft mit seinem neuen Album den Nerv der inflationsgeplagten Gegenwart: die Sehnsucht nach einem besseren Leben. Es klingt nach Trüffelpasta in „Prada“-Slides.

Es hat diese nostalgische, sehnsuchtsvolle Bitterkeit aus Pre-Inflationszeiten, die wie ein Versprechen klingt. Shindy ist Luxus-Rapper mit einem Versprechen: Reichtum. Mit 3,4 Millionen monatlichen Spotify-Hörern spielt er in der Deutschrap-Szene weit oben mit. Seinen ersten großen Hit hatte er gemeinsam mit Bushido, mit dem Song „Panamera Flow“, 2013 war das. Seitdem: sechs Studioalben, vier auf Platz 1. 

Shindys Texte sind das deutsche Äquivalent zum US-amerikanischen Rap über Luxus und Mode, wie ihn A$AP Rocky vorlebt – nur mit schwäbisch-prolligem Macher-Vibe, ein bisschen gelangweilt, aber mit dem Sinn für Pointen. Am Freitag ist Shindys siebtes Album erschienen, mit dem netzigen Namen „<3 my people“. Wieder geht es um Luxus, das gute Leben, der Sound erinnert an die Anfänge des Deutsch-Griechen. Hört sich langweilig an? Hier sind fünf Gründe, Shindy und dem Album eine Chance zu geben.

Shindy könnte eine Gen-Z-Ikone sein

Okay, Beweise gibt’s wenig. Aber Shindy hat etwas, das Gen Z liebt: das ironische Spiel mit Statussymbolen. Sein neues Album „<3 my people“ ist voll von diesem Gefühl: der Boy aus Bietigheim-Bissingen, bürgerlich Michael Schindler, Jahrgang 1988, der selbstbewusst deutsches Understatement ignoriert. Ein Song heißt: „Einfach nur reich“. Das ist überhaupt nicht weit weg von Gen-Z-Ikone Nina Chuba. Man könnte fast meinen, Shindy ist der Onkel auf der Familienfeier, der trotzdem cool ist, weil er als einziger in Prada-Slides am Esstisch sitzt. Auch wenn man sich nicht sicher ist, ob die echt sind oder aus dem letzten Antalya-Urlaub. Weil er Trüffelpasta vom Italiener mitgebracht hat, ist man geneigt, ihm seinen Reichtum zu glauben. 

Mit seinen Themen war er seiner Zeit voraus

Der Spirit der heutzutage in Dubai lebenden Influencer? Der ganze „Ich-trinke-Matcha-latte-in-der-Wüste-und-nenne-es-Arbeit“-Vibe, während sie angestrengt vor der Skyline für die nächste Instagram-Story posieren? Das ist Shindy. Auch wenn er selbst nicht dort lebt, vorneweg. Aber dem überprotzenden Lifestyle 2013 hat Shindy das Narrativ entgegengesetzt: Panamera, Spaceship, Facelift – statt Plattenbau und hartes Leben ging es bei ihm um goldene Kreditkarten und Schwarzgeld unterm Sitz. Mit „NWA“ (Nie wieder arbeiten), seinem ersten Studioalbum, setzte er den Ton für eine Diskussion, die uns noch heute begleitet, wenn er rappt „Freizeit is’ in, Arbeit out“. Damals war das frech, heute ist es Lebensziel einer halben Generation. Natürlich stimmt das nicht ganz, aber wie schön wäre eine Work-Life-Balance, eine faire Bezahlung und eine sinnstiftende Arbeit? Die Zuspitzungen Shindys treffen den Zeitgeist.

Shindy ist die männliche Shirin David

„Sport & Diät“ heißt ein Song auf dem neuen Album. Eine Zeile darin: „Siehst du nicht, wie alles glitzert? Ich hab Magic, Bibi Blocksberg.“ Hexhex! Shindy hat wie Shirin David verstanden, dass Rap längst Pop ist, und Pop und Populärkultur nicht weit weg. Ein Gespür für Querverweise in Literatur, Film und Kunst hat den beiden Künstlern noch nie gefehlt. Der Track „Superhot“ könnte genauso gut eine Shirin-David-Single sein. Dazu passt auch Shindys Transformation, auf Instagram präsentiert er sich seit zwei Jahren muskulös, quasi Davids Zeile „geh ins Gymmie, werde skinny“, nur Shindy pumpte und pumpte und pumpte. Zu bestaunen im Musikvideo zum Song „10 Sommer“. 

Er ist authentisch

Bei all dem Gerede über Luxus, Bentleys und das gute Leben hat er irgendwann den logischsten Move seines Lebens gemacht: Er ist nach München gezogen. Man kann es ihm nicht verübeln. Isar, Schweinsbraten, Biergärten, Alpen vor der Haustür. Und vor allem die Maximilianstraße, Münchens Laufsteg für alle, die ihr Vermögen gerne zur Schau tragen. Shindy wohnt da jetzt irgendwo, vermutlich im Bonzendorf Grünwald, zwischen altmodischen Villen und neuem Geld, und das passt perfekt. Authentizität heißt, dass er das Leben lebt, von dem er seit Jahren rappt, ohne dabei so zu tun, als wäre er ein Junge aus der Plattenbausiedlung. Sein Song „Oberpfaffenhofen Freestyle“ rekurriert auf genau dieses Gefühl; Hermès, Privatflughafen, Jetset.

Sindy ist supercool – immer noch

Oder ist er das? Shindy hatte zweifelsohne seinen Peak, 2013 bis 2019, als Deutschrap plötzlich nicht mehr nur nach Beton und Disstrack klang, sondern nach St. Tropez und Aperol Spritz. Aber selbst da hätte man ihn als peinliches Rich-Kid abstempeln können, das den Swag von Drake kopiert. Die Frage ist: Soll man sein neues Album hören? Wer Loud Luxury uncool findet, nein. Darf man ihn aber ironisch hören? Ja, ja, unbedingt, gerade sein neues Album „<3 my people“. Wenn man ganz ehrlich ist, manchmal klingt Shindy einfach wie der Typ, der zu viel Geld hat und zu wenig Freunde. Und das macht ihn irgendwie sympathisch.