
Er spricht von einer „Kurzschlussreaktion“: Ein Abgeordneter der SPD gesteht die Hakenkreuz-Schmiererei – er ist nicht nur erfahrener Parlamentarier und Jurist, sondern sogar Landtagsvizepräsident.
Nur einen Tag nach dem Hakenkreuz-Skandal im baden-württembergischen Landtag ist klar, wer dafür verantwortlich ist: Der SPD-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident Daniel Born räumte in einer Erklärung ein, bei einer geheimen Abstimmung hinter dem Namen eines AfD-Abgeordneten ein Hakenkreuz gemalt zu haben. Born schreibt von einer „Kurzschlussreaktion“ und einem „schwerwiegenden Fehler“.
Der Landtagsvizepräsident erklärte seinen Rücktritt aus dem Landtagspräsidium und der SPD-Fraktion. „Als Stellvertretender Landtagspräsident dem Hause dienen zu dürfen, war die größte Ehre meines Lebens“, schrieb Born. Ob er sein Mandat als Abgeordneter behalten oder ebenfalls niederlegen will, war zunächst unklar. Auf der SPD-Liste für die Landtagswahl 2026 steht Born auf Platz 5.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) forderte, dass Born auch sein Mandat niederlegt. Die Landtagsverwaltung hatte noch am Donnerstagabend Strafanzeige gegen unbekannt beim Polizeiposten im Landtag erstattet.
Verachtung von AfD-Rednerin wühlte ihn auf
Die AfD sei eine gesichert rechtsextreme, die Demokratie verachtende Partei, rechtfertigte sich Born in seinem Schreiben. Die zunehmende Gewöhnung an die Partei lasse ihm keine ruhige Minute mehr. Ihn habe die Verachtung, mit der eine AfD-Rednerin im Landtag am Donnerstag über transsexuelle Kinder gesprochen habe, einmal mehr intensiv aufgewühlt, schreibt Born. „Nur so kann ich mir diese anschließende Kurzschlussreaktion und meinen daraus resultierenden Fehler erklären.“
Es sei aber nie seine Absicht gewesen, einem Abgeordneten der AfD das Zeichen zu unterstellen, betonte Born. „In einer Kurzschlussreaktion wollte ich vielmehr zeigen, dass Stimmen für die AfD egal bei welcher Wahl immer Stimmen für rechten Hass und Hetze sind.“
Er liebe die Demokratie, Vielfalt und Zusammenhalt, schrieb Born. Als „Sozialdemokrat, queerer Mensch und Parlamentarier“ für diese Werte eintreten zu können, habe im Mittelpunkt seiner Arbeit als Landtagsvizepräsident gestanden.
Studierter Jurist
Der 49 Jahre alte Born stammt aus Schwetzingen im Nordwesten Baden-Württembergs und ist seit 2016 Mitglied des Landtags. Seit 2021 leitete der studierte Jurist als einer von zwei Vizepräsidenten teilweise die Plenarsitzungen in Stuttgart.
SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sprach von einem schwerwiegenden Fehler, den Born begangen habe. „Für meine Fraktion und mich ist es konsequent und richtig, dass er von seinem Amt als Vizepräsident des Landtags zurücktritt und auch seinen Austritt aus der Fraktion erklärt hat.“
Präsidentin sprach von Schande für den Landtag
Im Landtag von Baden-Württemberg war am Donnerstag bei einer geheimen Abstimmung ein Stimmzettel mit einem Hakenkreuz beschmiert worden. Landtagspräsidentin Aras sprach von einer Schande für den Landtag. Auch alle Fraktionen hatten sich erschüttert gezeigt.
Ob auf Born neben den politischen Folgen nun auch juristische Konsequenzen zukommen, ist noch unklar. Es müsse erst geprüft werden, ob der Anfangsverdacht einer Straftat vorliege, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. In Betracht käme etwa der Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs, der das öffentliche Verwenden und Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellt. Das kann mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.
AfD sieht sich in „Nazi-Ecke gestellt“
Das Hakenkreuz war das offizielle Staatssymbol des Dritten Reiches. Der Paragraf 86a trifft etwa zu, wenn jemand ein Hakenkreuz auf eine Häuserwand malt. Laut Gesetzestext stellt auch unter Strafe, wer ein solches Kennzeichen in einer Versammlung „verwendet“. Inwieweit der Paragraf auch anwendbar ist, wenn jemand in einer geheimen Abstimmung ein Hakenkreuz auf einen Stimmzettel schmiert, muss laut Staatsanwaltschaft geprüft werden.
Auch der AfD-Abgeordnete Bernhard Eisenhut stellte Strafanzeige – denn neben seinen Namen hat Born das Hakenkreuz gekritzelt. Die AfD-Fraktion sei fassungslos, sagte Eisenhut der dpa. „Ich habe Born immer als recht kompetenten und ausgeglichenen SPD-Politiker kennengelernt, da haben sich andere SPD-Politiker uns gegenüber schlechter benommen“, so der Parlamentarier. Born sei nun untragbar in seinen Ämtern und müsse auch sein Mandat abgeben.
Eisenhut warf Präsidentin Aras vor, die Schuld zunächst bei der AfD gesucht zu haben. „Wir werden ja laufend beleidigt und in die Nazi-Ecke gestellt.“ AfD-Bundeschefin Alice Weidel betonte auf der Plattform X, dass mit Born „nicht irgendein Hinterbänkler“ den Wahlzettel beschmiert habe, sondern der Vizepräsident des Landtags. „Born veranschaulicht gut, mit welchen Mitteln die etablierten Parteien gegen die AfD vorgehen“, schrieb Weidel.
Wahl zum Oberrheinrat
Die AfD wollte unter anderem Eisenhut bei der geheimen Wahl, zu der der Stimmzettel gehörte, in den sogenannten Oberrheinrat wählen lassen – scheiterte aber ein weiteres Mal. Das deutsch-französisch-schweizerische Gremium setzt sich zusammen aus Vertretern der Teilregionen Elsass, Nord- und Südbaden, Südpfalz und Nordwestschweiz.