
Alljährlich im Sommer kommen junge Menschen in die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, um beim Erhalt der Lagerrelikte zu helfen und so die Erinnerung an die NS-Verbrechen wachzuhalten.
Das Interesse junger Menschen an Arbeits- und Bildungseinsätzen in den einstigen NS-Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora während der Sommerferien ist nach Einschätzung der Gedenkstätte Buchenwald ungebrochen groß. Viele junge Menschen wollten sich mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen beschäftigen, sagte der Leiter der dortigen Bildungsabteilung, Holger Obbarius, der Deutschen Presse-Agentur. Nicht wenige der jungen Teilnehmer brächten allerdings heute ein geringeres Vorwissen mit als in früheren Jahren.
Aktuell laufen in beiden Gedenkstätten sogenannte Study-and-Work-Camps mit internationaler Beteiligung. In Buchenwald arbeiten die jungen Leute unter anderem an der Pflege des Gedenkwegs Buchenwaldbahn. Er erinnert an jene Trasse, die Buchenwald mit der Stadt Weimar verband und über die Häftlinge in das Vernichtungslager Auschwitz gebracht wurden. Im ehemaligen KZ Mittelbau-Dora sollen die Teilnehmer die Umrisse einer ehemaligen Baracke im einstigen Krankenlager markieren.
Die Camps mit Freiwilligen haben eine lange Tradition. In diesem Jahr sind 45 Teilnehmer im Alter von 18 bis 30 Jahren unter anderem aus Deutschland, Mexiko, den USA und Spanien angemeldet.
Gedenkstätte beobachtet Wissensdefizite
Wissensdefizite bei jungen Menschen über die Nazi-Verbrechen hängen nach Einschätzung von Obbarius mit dem wachsenden zeitlichen Abstand zum Nationalsozialismus zusammen. In vielen Familien sei dieser kein Gesprächsthema mehr und die Möglichkeiten, mit Zeitzeugen zu sprechen, nähmen ab. „Und es macht eben einen Unterschied, ob der Geschichtsbezug über eine lebende Person vermittelt wird oder sich rein aus Büchern, Dokumenten und Ähnlichem speist“, sagte er.
Um Wissenslücken zu schließen, arbeiten die Camp-Betreuer nach seinen Angaben heute individueller als noch vor einigen Jahren. Zudem verfüge die Gedenkstätte über eine sehr gut aufgestellte, internationale Bibliothek. So sei es zum Beispiel möglich, einem Teilnehmer aus Griechenland ein Buch auf Griechisch zu geben, in dem ein griechischer KZ-Häftling von seinen Erlebnissen in Buchenwald berichte.
Wegen Ukraine-Krieg keine russischen Teilnehmer mehr
Die Gedenkstättenstiftung hat zuletzt Verschiebungen bei den Herkunftsländern der Campteilnehmer beobachtet. Aus Russland seien infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine anders als früher zuletzt keine Teilnehmer mehr gekommen. Häftlinge aus der Ex-Sowjetunion hatten die größte unter den in beiden Lagern inhaftierten nationalen Gruppen gebildet.
Auch die Zahl polnischer Teilnehmer habe nachgelassen. Während Mitarbeiter der Gedenkstätten die jungen Menschen betreuen, wenn sie vor Ort sind, läuft deren Bewerbung für die Sommercamps über Partner der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora wie etwa mit der „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“.