
„Kleine Stadt von Welt“ wurde Herrnhut schon immer gern genannt. Als Teil eines Quartetts schaffte der Ort 2024 den Sprung auf eine Liste, die weltweite Beachtung verspricht.
Die Anerkennung der Unesco als Welterbe hat der sächsischen Kleinstadt Herrnhut mehr internationale Aufmerksamkeit gebracht. „Die Nachfrage von Gästen aus dem Ausland wird stärker“, sagt der Leiter des Kultur- und Fremdenverkehrsamtes, Konrad Fischer. Menschen mit speziellem Interesse an religiöser Geschichte kämen gezielt in den Ort, der vor knapp einem Jahr als Teil der Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine zum Welterbe erklärt worden war.
Die Stadt im Südosten Sachsens trägt das Unesco-Siegel zusammen mit Christiansfeld in Dänemark, Bethlehem im US-Bundesstaat Pennsylvania und Gracehill in Nordirland. „Die Internationalität wird der weltweiten Verbreitung der Brüdergemeine gerecht“, findet Fischer. Allerdings sei es eine gewisse Herausforderung, Besuchern zu vermitteln, dass Herrnhut nur ein Viertel der transnationalen Welterbestätte ausmache.
Besondere Konstellation
„Die Konstellation ist in sich eine Besonderheit, für viele jedoch schwer fassbar“, hat Fischer festgestellt. Das Quartett repräsentiere ein globales Netzwerk religiöser Planstädte, die zwischen 1722 und 1808 entstanden. Der Ursprung dafür lag in der Oberlausitz, wo protestantische Glaubensflüchtlinge aus Mähren einen neuen Ort unter des „Herrn Hut“ gründeten. Missionare trugen die Pläne für die Siedlungsarchitektur später in andere Länder.
Ein zentraler Platz mit dem Kirchsaal sowie parallel angelegte Straßen und Häuser im schlichten barocken Stil prägen das Stadtbild von Herrnhut. Dieses Modell spiegelt sich in Struktur, Raumplanung und Architektur von weltweit mehr als 30 Siedlungen wider.
Manufaktur als Gästemagnet
Vor der Auszeichnung durch die Unesco sei Herrnhut bereits über die deutschen Grenzen hinaus bekannt gewesen, so Fischer. Die Manufaktur der Herrnhuter Sterne habe sich in den vergangenen Jahren zu einem Gästemagneten entwickelt. Der Tourismuschef geht davon aus, dass die historische Entwicklung und Besonderheiten des Ortes künftig zunehmend in den Fokus eines speziellen Publikums rücken. Im asiatischen Raum, etwa in Ländern wie Südkorea und Taiwan, bestehe ein ausgeprägtes Interesse an deutscher Reformationsgeschichte.
Der Welterbetitel sei keineswegs ein touristisches Gütesiegel, sondern vielmehr ein Auftrag der Unesco zum Schutz und Erhalt des Erbes, aber auch für Bildung und Vermittlung. „Daran möchten wir uns gern orientieren“, sagte Fischer. Deshalb soll das Angebot an geführten Touren durch die Stadt schrittweise erweitert werden. Perspektivisch sei der Aufbau eines Welterbezentrums geplant. Als Reaktion auf das gestiegene Besucherinteresse wurde inzwischen ein Audio-Guide für Herrnhut entwickelt, der über jedes Smartphone mit einer App als digitaler Reiseführer genutzt werden kann.