
Er galt als chancenlos – und schrieb fast 1200 Lieder. Jetzt erzählt eine bewegende Filmbiografie das Leben von Charles Aznavour. In der Hauptrolle überrascht Frankreichs Star Tahar Rahim.
Er hatte weder das Aussehen noch die Stimme eines Stars – und wurde dennoch zu einer Ikone des französischen Chansons: Charles Aznavour, Sohn geflüchteter Armenier. Dem außergewöhnlichen Leben des Künstlers nimmt sich nun die Filmbiografie „Monsieur Aznavour“ an. In der Hauptrolle überrascht Starschauspieler Tahar Rahim mit beeindruckender Wandlungsfähigkeit.
„Monsieur Aznavour“ ist der dritte gemeinsame Film des Poetry-Slam-Künstlers Grand Corps Malade (Fabien Marsaud) und des Regisseurs Mehdi Idir – und zugleich ihr erstes Biopic über eine reale, prominente Persönlichkeit. Nach den sozial geprägten Werken „Lieber leben“ und „La vie scolaire – Schulalltag“ zeigen sie erneut ihr Gespür für Atmosphäre und Rhythmus.
Ein Künstlerleben voller Brüche
Im Zentrum steht ein Leben voller Brüche: Kindheit im Exil, Erfahrungen während der deutschen Besatzung, die prägende Beziehung zu Édith Piaf, erste Misserfolge, internationale Tourneen, familiäre Spannungen und die rastlose Suche nach Anerkennung – begleitet von Zurückweisung, Spott und Selbstzweifeln. Und doch stand der 1924 in Paris geborene Künstler bis ins hohe Alter auf der Bühne – bis zu seinem Tod im Jahr 2018, mit 94 Jahren.
Tahar Rahim, der mit eindringlichen Rollen in Filmen wie „Ein Prophet“ oder „Der Mauretanier“ internationale Aufmerksamkeit erlangte, überzeugt als Charles Aznavour mit einer nuancenreichen Darstellung. Er trifft nicht nur äußerlich den richtigen Ton – unterstützt von einem dezenten, aber effektiven Maskenbild –, vor allem beeindruckt er durch seine stimmliche Präsenz und sein feines Gespür für die inneren Spannungen und Emotionen der Figur.
Bemerkenswert ist ein technisches Detail, das Rahims schauspielerische Leistung geschickt untermauert, ohne sie zu überlagern: In einem aufwendigen Verfahren wurde sein Gesang mit Originalaufnahmen Aznavours kombiniert – ein raffinierter Ton-Mix, der subtil zur Authentizität des Films beiträgt.
Zwischen Atmosphäre und Überfrachtung
Dramaturgisch zeigt der Film zwei Gesichter. Die erste Stunde entfaltet eine dichte Atmosphäre – besonders in der eindringlichen Schilderung der Besatzungszeit und Aznavours künstlerischem Werden.
Gegen Ende beschleunigt sich das Erzähltempo merklich, um möglichst viele biografische Meilensteine unterzubringen. Dadurch verliert der Film stellenweise an erzählerischer Klarheit – und emotionaler Wirkung.
Zwischen Bewunderung und Zurückhaltung
„Monsieur Aznavour“ ist eine elegant inszenierte und hervorragend gespielte Filmbiografie, die vor allem durch Atmosphäre, Musikalität und eine nuancierte Hauptdarstellung überzeugt. Der Blick der Filmemacher bleibt bewundernd, ohne ins Pathetische abzugleiten – doch genau darin liegt auch eine Schwäche.
Unterstützt von der Familie, setzen die Regisseure auf eine respektvolle Hommage und verzichten damit auf eine tiefere Auseinandersetzung mit der inneren Zerrissenheit des Künstlers. Dennoch: Der Film ist ein stilvoll erzähltes Porträt, das nicht alles zeigt, aber vieles fühl- und hörbar macht.