
Auf Anfrage gibt ChatGPT auch originalgetreu deutsche Liedtexte wieder – die Verwertungsgesellschaft Gema klagt daher gegen das US-Unternehmen OpenAI wegen Urheberrechtsverletzung und verlangt Schadenersatz. Am Montag fand die Verhandlung vor dem Landgericht München I statt, das Urteil soll am 11. November verkündet werden. (Az. 42 O 14139/24)
Die Gema hatte die Klage auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz im November 2024 eingereicht. Sie wirft OpenAI vor, geschützte Songtexte von deutschen Urheberinnen und Urhebern wiederzugeben – ohne dafür Lizenzen gekauft oder die Urheber bezahlt zu haben. OpenAI verwende „systematisch“ das Repertoire der Gema, um seine Systeme generativer Künstlicher Intelligenz (KI) zu trainieren, etwa den Chatbot ChatGPT.
Das Gericht erklärte nach der Verhandlung am Montag, es sei „unstreitig“, dass der Chatbot mit den „streitgegenständlichen neun Liedtexten“ trainiert wurde. Denn auf einfache Anfragen gab der Chatbot die Liedtexte in weiten Teilen originalgetreu wieder.
Die Gema sehe darin den Beleg, dass die Liedtexte im KI-System von OpenAI „memorisiert seien – und bewerte das als „eine unzulässige Vervielfältigung der Liedtexte im Sinne des Urheberrechts“, so das Gericht. Durch die Ausgabe der Texte im Chatbot komme es der Gema zufolge dann noch zu weiteren Rechtsverletzungen.
Das Unternehmen widersprach laut Gericht: Das Modell speichere oder kopiere keine spezifischen Trainingsdaten, sondern „reflektiere in seinen Parametern, was es basierend auf dem gesamten Trainingsdatensatz erlernt habe“. Bei dem Modell handle es sich demnach nicht um eine Datenbank, in der Trainingsdaten hinterlegt seien, die infolge einer Eingabe eines Nutzers gesucht, aufgefunden und anschließend ausgegeben würden.
Das Unternehmen erklärte zudem, im Hinblick auf die Ausgaben des KI-Chatbots sei nicht OpenAI, sondern der jeweilige Nutzer Hersteller der Ausgabe und somit dafür verantwortlich. Es verwies laut Gericht außerdem auf „die Schranken des Urheberrechts, insbesondere die Schranke des sogenannten Text- und Data-Mining“.
Die Gema klagt konkret gegen die US-Muttergesellschaft OpenAI und die Betreiberin des Chatbots in Europa, OpenAI Ireland. Zahlreiche deutsche Musikschaffende, darunter Kristina Bach, Rolf Zuckowski, Reinhard Mey, Inga Humpe, Tommi Eckart, Ulf Sommer und Peter Plate sowie deren Musikverlage unterstützen laut Gema die Klage. Ihre Songtexte seien nachweislich durch den Chatbot verwertet worden, eine Vergütung hätten sie dafür nicht erhalten.
Es gehe „um die Lebensgrundlage für Kreativschaffende“, hatte im November der Gema-Aufsichtsratsvorsitzende Ralf Weigand erklärt. Menschliche kreative Leistungen dürften nicht als Gratisvorlage für die Angebote der KI-Anbieter in einer zutiefst wirtschaftlichen Verwertungskette dienen.
Die Gema vertritt nach eigenen Angaben in Deutschland die Urheberrechte von rund 100.000 Komponistinnen und Komponisten, Textdichterinnen und Textdichtern und Musikverlagen sowie von über zwei Millionen Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern aus aller Welt. Sie ist demnach weltweit eine der größten Autorengesellschaften für Werke der Musik.
OpenAI gilt als führendes KI-Unternehmen; nach seinen Angaben nutzen rund 700 Millionen Menschen pro Woche den Chatbot ChatGPT. Ein Chatbot ist ein Programm, mit dem Nutzer auf dem Computer oder ihrem Handy schreiben oder sprechen können und das in Sekundenschnelle Antworten liefert.
Das Unternehmen macht laut US-Medien einen Umsatz von zehn Milliarden Dollar im Jahr. OpenAI war 2015 als gemeinnützige Organisation gegründet worden. Der Chef Sam Altman versuchte eine Zeit lang, OpenAI in ein profitorientiertes Unternehmen umzuwandeln, gab dieses Vorhaben aber inzwischen wieder auf.