
Angesichts der Finanzprobleme in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hält die Debatte über mögliche Lösungen an. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann bekräftigte Überlegungen in der schwarz-roten Koalition, alle gesetzlich Versicherten über höhere Zuzahlungen stärker zu belasten. Die SPD warnte hingegen vor Mehrbelastungen der Versicherten.
„Den Bereich Zuzahlungen muss man sich anschauen“, sagte Hoffmann der „Augsburger Allgemeinen“. Ein solches System müsse „mit der Zeit gehen“, zeigte er sich offen für Erhöhungen der Zuzahlungen der Versicherten für Medikamente, Krankenhausaufenthalte und weitere Leistungen. Keine Option sei für ihn hingegen eine weitere Anhebung der Kassenbeiträge, „weil die Lohnnebenkosten nicht noch weiter steigen dürfen“.
Laut Medienberichten erwägt Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) eine deutliche Anhebung der Zuzahlungen um 50 Prozent. Der Eigenbeitrag der Versicherten für Arzneimittel stiege demnach von mindestens fünf Euro auf 7,50 Euro, der Höchstbetrag würde von zehn auf 15 Euro steigen. Für einen Tag im Krankenhaus würden statt zehn Euro 15 Euro fällig. Das Gesundheitsministerium hatte am Donnerstag mitgeteilt, eine Entscheidung dazu gebe es noch nicht.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete zudem, Warken wolle im kommenden Jahr rund 1,8 Milliarden Euro bei den Krankenhäusern einsparen, außerdem kleinere Beträge durch eine Halbierung des Innovationsfonds für das Gesundheitswesen und weitere Sparmaßnahmen. Damit will die Ministerin der „FAZ“ zufolge vermeiden, dass die Zusatzbeiträge der Kassen über das heutige Niveau von 2,5 bis 2,9 Prozent steigen. Über deren Höhe 2026 berät in den kommenden Tagen der Schätzerkreis der GKV.
Unterstützung für die Sparvorschläge kam aus der Unionsfraktion. „Das Bundesgesundheitsministerium hat gute Vorschläge vorgelegt, wir unterstützen diese vollumfänglich, um noch vor dem Schätzerkreis Maßnahmen zu initiieren, die zur Stabilisierung des Systems führen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Simone Bochardt, der Funke Mediengruppe.
Vor zusätzlichen Belastungen für die Versicherten warnte jedoch SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf. „Wer sein Leben lang einzahlt, muss sich darauf verlassen können, dass Gesundheit keine Frage des Geldbeutels wird“, mahnte er im „Spiegel“. Zwar seien Sparanstrengungen notwendig, aber am Ende müsse „ein solidarisches und gerechtes Paket stehen, zu dem alle ihren Beitrag leisten, besonders auch diejenigen, die sehr viel haben“.
Ebenfalls gegen Mehrbelastungen für die Betroffenen wandte sich die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „Allein Patientinnen und Patienten oder Versicherte weiter zu schröpfen, ist keine zukunftsfähige Lösung“, warnte deren Vorstand Eugen Brysch in den Funke-Zeitungen. Er forderte eine Ausgabendeckelung, bei der „Ärzte, Krankenkassen und die Pharmaindustrie in die Pflicht genommen werden“, sowie eine Entlastung der Krankenkassen von versicherungsfremden Leistungen, etwa für Bürgergeldbeziehende.
Die Linkspartei drang darauf, Menschen mit hohen Einkommen stärker zur Kasse zu bitten. „Anstatt über Leistungskürzungen zu reden, müssen wir endlich dafür sorgen, dass die Einnahmen wieder die Kosten decken“, verlangte Parteichefin Ines Schwerdtner. „Deshalb muss die Beitragsbemessungsgrenze sofort auf 15.000 Euro angehoben werden und irgendwann ganz fallen.“
Schwerdtner argumentierte, es sei „doppelt ungerecht, wenn eine Angestellte auf ihren gesamten Lohn Beiträge zahlen muss, während für den Chef die Beitragsbemessungsgrenze gilt“. Solche „Privilegien für Besserverdienende“ könne sich die Gesellschaft nicht mehr leisten.
Die Beitragsbemessungsgrenze ist der Grenzwert, bis zu dem Beiträge auf das Arbeitseinkommen erhoben werden. Darüber hinaus gehende Einkünfte bleiben beitragsfrei, ebenso wie beispielsweise Mieten und Kapitaleinkünfte. Vergangene Woche hatte das Bundeskabinett bereits eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze vorgenommen, um diese wie vorgeschrieben an die Lohnentwicklung anzupassen.
Der Sozialverband VdK wandte sich unterdessen gegen Überlegungen in der Koalition für eine Abschaffung des Pflegegrads 1 in der Sozialen Pflegeversicherung. Angesichts des enormen Werts unentgeltlich erbrachter Pflegeleistungen seien solche Debatten „ein Schlag ins Gesicht der pflegenden Angehörigen“, kritisierte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Sie forderte eine einheitliche Pflegeversicherung, „in die alle Bürgerinnen und Bürger einzahlen und die alle Einkommensarten berücksichtigt“.