
Fast 100 Lämmer und Schafe hat ein Schakal auf Sylt getötet. Schützen können die Schäfer ihre Tiere nicht. Nachts sitzen die Jäger jetzt auf Hochsitzen und wollen den Schakal erschießen.
Auf Sylt suchen Jäger nach einem Goldschakal. Seit dem 19. Mai hat das Tier insgesamt 90 Lämmer und Schafe auf der Insel gerissen, jetzt soll es erschossen werden.
Die Jagd auf den nachtaktiven Goldschakal werde nicht leicht, sagte der stellvertretende Kreisjägermeister Nordfrieslands, Manfred Uekermann, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Das ist eine besondere Herausforderung, aber es ist nicht unmöglich.“ Die Jäger haben sich auch von Experten beraten lassen sowie Fachliteratur und Videos angeschaut. Auch Lautsprecher kommen nun zum Einsatz.
Sylter Schäfer sind in Sorge
Auf einem Deich hatte der Goldschakal Ende Mai in drei Nächten 78 Lämmer und zwei Mutterschafe gerissen, wie die betroffenen Keitumer Deichschäferin der dpa sagte. Schäferin Daniela Andersen bewirtschaftet den Deich von Morsum bis nach Rantum, insgesamt haben sie und ihr Mann 900 Mutterschafe. „Jeden Tag ist die Angst da, dass wieder etwas passiert.“
Ihre Tiere jede Nacht in einem Stall schützen kann sie nicht: „Das ist für die Tiere ein riesiger Stress, wenn ich sie jeden Abend mit Hunden und Auto in den Stall treibe – das ist für die Tiere, als würden sie gejagt.“ Das wirke sich auch auf die Milchproduktion der Mütter aus und die Lämmer seien zudem sehr langsam. Auch ein hoher Zaun sei auf dem großen und öffentlich zugänglichen Deich keine Option.
Tote Lämmer in den Sylter Dünen
Auch im Inselnorden war der Goldschakal unterwegs: Im Naturschutzgebiet Lister Ellenbogen hat der zuständige Schäfer in den vergangenen zwei Wochen zehn Lämmer verloren. Ebenso viele Tiere seien verletzt, sagte Schäfer Jürgen Wolf-Diedrichsen. Bei vielen seien die Ohren abgebissen worden, teilweise habe er auch Bissverletzungen an anderen Körperstellen finden können.
Seine rund 220 Mutterschafe und deren Lämmer in den Stall zu sperren, sei auch für ihn keine Option. „Das geht einfach nicht. Ich kann die nicht jeden Tag zusammentreiben, dafür ist das Gebiet viel zu groß und stresst die Tiere zusätzlich.“ Auch für einen Zaun sei das rund 600 Hektar große Areal zu weitläufig.
Goldschakal darf abgeschossen werden
Das Landesamt für Umwelt hatte eine entsprechende artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für den Abschuss des Schakals erteilt, wie das schleswig-holsteinische Umweltministerium mitteilte. Sie trat mit Beginn des Donnerstags in Kraft und gilt bis zum 31. Juli. Der Goldschakal ist in Schleswig-Holstein sonst keine jagdbare Art.
Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) hatte betont, der Goldschakal sei eine besonders geschützte Art. Eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss setze besondere Umstände voraus. „In diesem Fall liegen gleich drei gewichtige Gründe vor, deshalb befürworte ich eine Ausnahmegenehmigung durch das Landesamt für Umwelt.“
Es gehe darum, weitere Schäden bei Nutztieren zu verhindern. Das Tier bedeute zudem eine Gefahr für Bodenbrüter. „Zudem hat die Deichschäferei eine besondere Bedeutung für den Küstenschutz.“
Es wäre der erste behördlich genehmigte und bestätigte Abschuss eines Goldschakals in Deutschland, wie es vom Deutschen Jagdverband (DJV) heißt.
Jagd auf Sylt wird schwierig
Alle Sylter Jäger mit entsprechenden Berechtigungen können nach dem Goldschakal auf Jagd gehen, sagte Uekermann. Der Hegering Sylt umfasst den Angaben zufolge zehn Reviere mit rund 120 Jägerinnen und Jägern. Darunter sind laut Uekermann etwa 20 bis 30 Jägerinnen und Jäger, die sich aktiv an der Jagd nach dem Goldschakal beteiligen. Deren Waffen erfüllen die gesetzlichen Voraussetzungen, das Tier sofort zu töten. Es zu betäuben und einzufangen, sei keine Option, da die Jäger zum Beispiel mit Betäubungsfeilen deutlich näher an das Tier herankommen müssten.
Mit Geräuschen jagen
Thomas Diedrichsen koordiniert als stellvertretender Hegeringleiter die Jagd. In der Nacht zum Freitag war der Schakal in Rantum gesehen worden. Mit Goldschakal-Rufen aus Lautsprechern hatten die Jäger versucht, ihn anzulocken.
„Wenn das Tier auf die Rufe reagiert, weiß man, wo es sich befindet“, sagte der Jäger. Eine Alternative zum Abschuss gibt es für Diedrichsen nicht. „Dann können wir die Schafzucht gleich aufgeben.“
Goldschakale breiten sich aus
Goldschakale stammen nach Angaben der Deutschen Wildtier Stiftung aus Südostasien sowie Zentral-, Ost- und Südeuropa. Die ersten Tiere kamen demnach 1997 über den Balkan, Polen und Tschechien nach Deutschland. In den meisten deutschen Bundesländern gibt es nach Angaben der Stiftung inzwischen Nachweise von Goldschakalen. Anders als für Nutztiere stellen sie für Menschen keine Gefahr dar.
Die erste Sichtung in Schleswig-Holstein gab es 2017 im Kreis Dithmarschen. Seitdem hat sich die Zahl der Fälle im Land erhöht. Alleine zwischen Mai 2024 und April 2025 gab es fünf Sichtungen, wie das Umweltministerium in Kiel Mitte April mitgeteilt hatte. Schleswig-Holstein ist demnach ein attraktiver Lebensraum für den Goldschakal.