
Energiewende ja – aber mit Maß: Niedersachsens neuer Regierungschef sieht Norddeutschland bei der Energieversorgung in einer besonderen Verantwortung. Doch es gebe auch Grenzen.
Der Ausbau erneuerbarer Energien darf für Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies nicht zu einer Überlastung der Menschen in Norddeutschland führen. „Der Anfang vieler Formen von erneuerbarer Energie ist der Norden“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
„Hier kommt der Offshore-Wind an, hier kommen die LNG-Schiffe an, hier kommt perspektivisch Wasserstoff an. Wir übernehmen einen großen Teil der Verantwortung für die Energiewende. Aber wir sind nicht bereit, das zu einer beliebigen Belastung für die Bevölkerung in unserem Land zu machen.“
Die Politik müsse achtgeben, die Belastungen nicht zu sehr zu konzentrieren. „Man kann zum Beispiel nicht die Windenergie ausbauen und dann noch Stromleitungen als Freileitungen daneben bauen. Das wäre ein Übermaß dessen, was wir den Menschen zumuten können“, sagte Lies. „Deswegen brauchen wir die Erdverkabelung – auch um die Akzeptanz für die Windenergie zu erhalten. Das halte ich für ganz, ganz wichtig.“
„Werden keine Kraftwerke abschalten, die wir brauchen“
Als Wirtschafts- und Energieminister hatte Lies sich für den Ausbau von Wind- und Solarenergie eingesetzt, aber auch den Aufbau der LNG-Terminals vorangetrieben und Zweifel am Kohleausstieg bis 2030 geäußert. „Das Ziel ist nicht, auf ewig fossiles Gas zu importieren“, sagte er jetzt. „Wir bauen eine Infrastruktur, die dafür sorgt, dass wir morgen klimaneutrale Gase importieren können.“ Die Terminals seien somit eine Brücke in eine klimaneutrale Zukunft.
„Das gilt auch für Gas- und Kohlekraftwerke“, sagte Lies. „Wenn die Bundesregierung schnell handelt und dafür sorgt, dass neue, auf Wasserstoff umrüstbare Gaskraftwerke ausgeschrieben und gebaut werden, dann können wir eher aus der Kohle raus. Und wenn das aber länger dauert, brauchen wir die Kohle länger.“
Eines werde man nicht machen, betonte der Regierungschef: „Wir werden keine Kraftwerke abschalten, die wir brauchen. Das wäre unverantwortlich.“ Gleichzeitig werde man nicht nachlassen, die Energiewende voranzubringen.
„Ich habe das auch vor der Haustür“
Lies lebt in Sande bei Wilhelmshaven und hat somit die LNG-Infrastruktur, eine geplante Wasserstoffproduktion und Windenergieanlagen selbst in der Nachbarschaft. Das helfe ihm aber nicht dabei, andere vom Ausbau der Erneuerbaren zu überzeugen, sagte er.
„Wenn ich den Menschen sage, guck mal, ich habe das auch vor der Haustür, dann bekomme ich nachvollziehbarer Weise zu hören: Das ist dein Problem“, erzählte Lies. Wichtiger sei, die Belastungen nicht zu sehr zu konzentrieren.