
Die Deutsche Bahn streicht ab Sonntag die Familienreservierung. Vier Personen zahlen dann bis zu 44 Euro – nur für die garantierten Sitzplätze. Ein auch politisch fatales Signal.
Die Deutsche Bahn wirbt gern mit angeblich ganz tollen Preisen: Sparpreis! Super Sparpreis! Sommerdeal! Und ja, wer sich lange vorher auf einen Reisetag und einen Zug festlegt, kann tatsächlich Geld sparen. Gleichzeitig ist der Flexpreis der Bahn für spontanes Reisen absurd teuer geworden. Man möge nur versuchen, mal eben am kommenden Sonntag als vierköpfige Familie mit seinen beiden Kindern (16 und 19) von Hamburg zur Großmutter nach Bremen und zurück zu fahren. ICE, mit Reservierungen für alle, etwa 100 Kilometer einfache Strecke. Flexpreis für die ganze Reise ohne Bahncard: 410 Euro. In einer Zeit und Gesellschaft, die Flexibilität in allen Bereichen des Lebens propagiert, sind Super Sparpreise zwar super, aber ein günstigeres generelles Angebot wäre weitaus wichtiger.
Nur mal zum Vergleich: Ein Mietwagen würde mich für dieselbe Strecke inklusive Sprit maximal 120 Euro kosten. Wieso da noch Bahn fahren, zumal ab 15. Juni Familienangehörige für eine Reservierung noch deutlich tiefer als bisher in die Tasche greifen müssen? Denn mit dem Fahrplanwechsel schafft die Deutsche Bahn die Familienreservierung ab. Dann muss jeder einzelne Reisende eine eigene Reservierung haben, die in der 2. Klasse dann 5,50 Euro kostet, 30 Cent mehr als bisher. Vier Personen zahlen dann pro Strecke bis zu 22 Euro – statt bisher 10,40 Euro. Hin und zurück also bis zu 44 Euro – nur für den garantierten Sitzplatz. Eine Verteuerung um mehr als 100 Prozent. Einfach ohne Reservierung reisen? Für Familien der reine Horror und keine Alternative. Zwar lag die durchschnittliche Auslastung der Züge im Fernverkehr bei zuletzt deutlich unter 50 Prozent, doch habe ich gerade an Wochenenden halb leere Züge in der 2. Klasse noch nie erlebt.
Der drastische Aufschlag für Familien ist jedenfalls das komplett falsche Signal. Verkehrspolitisch, umweltpolitisch und familienpolitisch. Das Leben ist teuer genug geworden, es durch solche Maßnahmen noch weiter zu verteuern, zeigt, wo die Bahn und der Bund als Eigentümer Prioritäten setzen – und wo eben nicht:
Verkehrswende? Eher nicht so wichtig.
Umweltschutz? Eher nicht so wichtig.
Unterstützung von Familien, auch von solchen mit niedrigem Einkommen? Ebenfalls eher nicht so wichtig.
Deutsche Bahn: Die Rechnung geht einfach nicht mehr auf
Nein, der Bund ist als Eigentümer nicht weisungsbefugt, was die Preisgestaltung der Deutschen Bahn angeht. Aber es wäre mit einem Bewusstsein für die Lebenswirklichkeit vieler Bürgerinnen und Bürger und mit politischem Druck sicherlich möglich gewesen, einen gewissen Einfluss zu nehmen. Die miserable Servicequalität der Bahn – „Grund für die Verspätung ist eine Verzögerung im Betriebsablauf“ – lassen wir an dieser Stelle mal ganz außen vor. Aber die Rechnung „Miese Leistung + hohe Preise = zufriedene Kunden“ geht – wie seltsam! – einfach nicht auf.
„Mutti, Vati, warum fahren wir zu Oma nicht mit dem Auto?“
„Weil wir dämlich sind, Schatz!“